Violinkonzerte (BWV 1041-1043)

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t1 Konzertführer
Johann Sebastian Bach
Violinkonzerte (BWV 1041-1043)

Auch die Instrumental-Solokonzerte Bachs reflektieren die intensive Rezeption der Konzerte Vivaldis während der Weimarer Zeit (1708 bis 1717). Allein von ihm hat er ja in dieser Periode sieben Konzerte für Violine und Orchester sowie zwei Concerti grossi für Cembalo oder Orgel bearbeitet. Allerdings greift Bach in seinen drei erhaltenen Konzerten für Violine und Orchester weit über den Typ der italienischen Vorbilder hinaus. Das betrifft vor allem die motivische und kontrapunktische Verzahnung der Solo-Tutti-Abschnitte, die sich von der schlichten Gegenüberstellung nach Art Vivaldis weit entfernen, die spieltechnischen Anforderungen an den Solisten und endlich den unvergleichlichen Ausdrucksgehalt, der diese Konzerte in die Spitzengruppe der Weltliteratur avancieren ließ.

Das Konzert für Solovioline, Streicher und Basso continuo in a-moll (BWV 1041) entstand um 1720 in Köthen. Im ersten Satz, Allegro, exponiert ein vierundzwanzigtaktiges Anfangstutti das prägnante Kopfmotiv, das dann vom Solisten aufgegriffen wird und als melodischer Kern für weitgesponnene Entwicklungen fungiert. Der zweite Satz, Andante, wird von einer ostinaten Bassfigur beherrscht, die siebenmal als Orchestertutti erscheint. Der letzte Satz, Allegro assai, der mit einem äußerst virtuosen Schlussteil endet, assoziiert mit seinem Neunachteltakt Gigue-Charakter und damit, wie so oft, einen Tanztyp der Suite.

Das Konzert für Solovioline, Streicher und Basso continuo in E-dur (BWV 1042), ebenfalls entstanden in Köthen um 1720, bietet besonders mit seinem ersten Satz, Allegro, ein Beispiel für die ‚Dynamisierung‘ des Satzes durch Soli-Tutti-Verzahnung in thematisch-motivischer Hinsicht. Im Adagio des zweiten Satzes, cis-moll, entfaltet sich die Solovioline in weitangelegten Kantilenen über dem Basso ostinato des Orchesters. Der dritte Satz, Allegro assai, wird von einem sechzehntaktigen Tuttirefrain beherrscht, der nach den vier großen Soli rondoartig immer wiederkehrt.

Das Konzert für zwei Violinen, Streicher und Basso continuo in d-moll (BWV 1043), entstanden um 1718 in Köthen, ist unter der Bezeichnung Doppelkonzert, zum wohl bekanntesten Konzert Bachs geworden. Es lebt natürlich vor allem aus dem ständigen Dialogisieren und Duettieren der beiden Soloinstrumente, einer Technik, die zwar an das Instrumentalduett der Zeit erinnert, aber bei Bach ein unvergleichbares Ausdrucksniveau erreicht. Im ersten Satz, Vivace, duettieren die Soloviolinen vor allem nach der Tuttieinleitung durch ein vitales Fugenthema, im zweiten Satz, Largo ma non tanto, zu abgedämmter Orchesterbegleitung. Der dritte Satz, Allegro, ist der längste Satz des Konzerts und demonstriert wieder die für Bach typische, enge Verzahnung von Soli und Tuttiteilen.

Klaus Peter Richter

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.