Klavierkonzert Es-Dur KV 449

Zurück
t1 Konzertführer
Wolfgang Amadeus Mozart
Klavierkonzert Es-Dur KV 449

Mit dem Klavierkonzert in Es-dur KV 449 setzt Mozart, im Februar 1784, den Grundstein dieser Serie, nach dem Jeunehomme-Konzert, dem genialen Jugendwerk (ebenfalls in Es-dur), ist es sein zweites bedeutendes Konzert überhaupt. Er komponiert es für seine Schülerin Babette Ployer, der Tochter des vermögenden Agenten des Salzburger Fürsterzbischofs am Wiener Hof Gottfried Ignaz von Ployer, und trägt es als Nummer 1 in das von ihm zu der Zeit angelegte „Verzeichnüß aller meiner Werke“ ein. Und so schlägt es schon in den ersten Takten einen ganz neuen Ton an und setzt ein unmissverständliches Signal, dass hier die Ebene konventioneller Gebrauchsmusik endgültig überwunden ist. In diesem „Concert von ganz besonderer Art, und mehr für ein kleines als großes Orchester geschrieben“ (Mozart an seinen Vater) verwirklicht er zum ersten Mal seine eigene, neue, dramatische Konzeption des Klavierkonzerts, die das Klavier, aber auch die einzelnen Instrumente des Orchesters als Individuen begreift, die wie Schauspieler auf der Bühne mit verteilten Rollen eine Begebenheit vorführen, Theater spielen, uns in unserer Gegenwart als Handelnde gegenübertreten und mit ständigen Überraschungen konfrontieren. So platzt das c-moll-Seitenthema wie ein ungebetener Gast mit einer heftig dazwischenfahrenden synkopierten Dominante in die bis dahin friedlich dahinfließenden Anfangstakte des Kopfsatzes. Ähnlich unvorbereitet führt Mozart die vierte Themengruppe des eröffnenden Orchesterritornells ein: da betritt, wie in einer Oper, eine Respektsperson überraschend die imaginäre Bühne und mischt sich mit typisch männlicher Herrschergeste ins sanft bewegte Geschehen. Als ob der Graf aus dem Figaro sich höchstpersönlich und um zwei Jahre zu früh in die fiktive Handlung dieses Klavierkonzerts verirrt hätte! Denn ganz ähnlich klingt es, wenn er im zweiten Akt der Oper vor dem Zimmer der Gräfin erscheint. Doch auch diese massive Störung wird durch den Sog ständig sich ablösender neuer Ereignisse und Ideen einfach in den pulsierenden musikalischen Fluss des Satzes integriert, spontan aufgefangen und weitergeführt. Ganz ungetrübt schlägt uns aus diesem Konzert der Optimismus und die Herzenswärme entgegen, die Mozart in seinen ersten, erfolgreichen Wiener Jahren empfand.

Attila Csampai

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.