Klavierkonzert B-dur KV 456

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t1 Konzertführer
Wolfgang Amadeus Mozart
Klavierkonzert B-dur KV 456

Das Klavierkonzert in B-dur KV 456 ist das erste von vier Konzerten, die Mozart für die Akademien des Winters 1784/85 schrieb. Nach eigenen Angaben war die Komposition am 30. September 1784 beendet. Das Datum der Uraufführung ist ungewiss. Lange Zeit nahm man an, daß Mozart das Konzert für die blinde Pianistin Maria Theresia Paradis (1759-1824) komponiert habe, damit sie es in einem ihrer Pariser Konzerte im Herbst desselben Jahres aufführt. Neuere Forschungen haben diese Vermutung nachhaltig erschüttert, sodass nur feststeht, dass Mozart das Werk selbst in einem Konzert der Sängerin Laschi am 12. Februar 1785 in Wien gespielt hat. Wie die meisten anderen seiner Klavierkonzerte ist auch das B-dur-Konzert KV 456 erst nach Mozarts Tod verlegt worden. Dass es in der Gunst der Pianisten etwas besser dasteht als die zuvor komponierten Konzerte, liegt gewiss ein wenig an der hervorstechenden ‚Schönheit‘ der Komposition und der verschwenderischen Fülle von Themen und Gestalten, die Mozart hier wieder ausgestreut hat. Allein im ersten Orchesterritornell lassen sich mindestens sechs eigenständige thematische Komplexe nachweisen, die alle ihr ganz eigenes Profil besitzen. Doch damit nicht genug. Das Klavier bringt in seinem Solo – getreu dem Formplan solcher Konzerte – noch weitere eigene neue Themen und Gedanken ins Spiel, sodass der Zuhörer bald verwirrt ist von dem schier unerschöpflich fließenden Strom schönster Einfälle. Im zweiten Satz ändert Mozart dieses Prinzip. Hier steht ein einziger, langgesponnener Gedanke im Mittelpunkt, eine ariose Kantilene von 21 Takten (!) Länge und in der düsteren Tonart g-moll. Ein ungewöhnlicher harmonischer Verlauf mit einem aufgehellten Halbschluss und einem ins dunkle Moll zurückfallenden Ende verleiht diesem Thema einen schillernden, irisierenden Charakter: Äußerlich von klarer, ernster, klassischer Gestalt wird es innerlich von starken Gefühlswogen durchflutet. Danach ein eher konventionelles typisches B-dur-Finale im Sechsachteltakt und mit ausgeprägtem Jagdcharakter.
Attila Csampai

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.