Symphonie Nr. 7 cis-moll op.131 (1952)

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t1 Konzertführer
Sergei Prokofjew
Symphonie Nr. 7 cis-moll op.131 (1952)

Im Unterschied zur sechsten Symphonie ist diese – ein Jahr vor Prokofjews Tod – nach dem großen Donnerwetter entstanden, das die Partei in den Jahren 1946 bis 1948 den selbständig schaffenden Künstlern bereitete; Prokofjew hatte Sünden der ‚Atonalität‘ öffentlich bereuen müssen und sich zum Prinzip der Melodie bekannt, das er hier auf extensive Weise praktiziert. Im Hintergrund ausgedehnter Melosflächen steht Tschaikowsky als Vorbild; Tonalitätsflächen erhalten irisierende Ajoutationen, und die bizarren Instrumentalfarben aus der traditionellen russischen Palette sind genutzt. Eine Art großer, gebremster Csárdás gerät zu erzählender Breite; die Musik deutet an, als wenn sie einiges nicht zu sagen wagte.

In die Idylle des zweiten Satzes bricht Triviales ein, das symphonisch montiert wird; die Ereignisse spielen sich in mikroskopischer Vergrößerung ab. Der dritte Satz wirkt wieder wie eine unterdrückte Aussage – auch hier wird ein triviales Motiv zergliedert, und gegen die herrschende Romantik sind kleine rhythmische Verstöße gerichtet, wie es denn auch durch klassische Zergliederung seiner Illusionswirkung beraubt wird. Der vierte Satz bringt wieder einen theatralischen, ‚sozialistischen Surrealismus‘ in einer akademisch entwickelten Zirkusmusik und einem parodistisch notierten Galopp auf – Erinnerungen an die dreißiger Jahre (Die Liebe zu den drei Orangen) erscheinen in neuen Brechungen.

Der Zeitablauf der Symphonie ist ausladend, von epischer Breite, resümierend, ein Bericht über Erfahrungen, der Bombast und Pathos vermeidet. Die zeitgenössische Kritik registrierte eine „beschauliche und abgeklärte Ausdrucksweise“, kritisierte „Konfliktlosigkeit“ und den Mangel an Zusammenprall positiver und negativer Gestalten. Den lyrischen Schluss musste der Komponist im Sinne eines Höhepunkts abändern, doch wurde später die ursprüngliche Version wiederhergestellt.
Detlef Gojowy

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.