Peter und der Wolf op. 67

Zurück
t1 Konzertführer
Sergei Prokofjew
Peter und der Wolf op. 67

Als Prokofjew 1934 nach sechzehnjähriger Abwesenheit nach Russland zurückkehrte, war da einiges Heimweh im Spiel, zugleich aber wollte er dem jungen Sowjetstaat nicht länger seine künstlerische Gefolgschaft verweigern. Das tiefsitzende Misstrauen der ansässigen stalinistischen Kulturhüter, die in ihm nach wie vor einen abtrünnigen Apologeten bürgerlicher Dekadenz sahen, konnte er durch seine Rückkehr freilich nicht auf Anhieb zerstreuen. Also bemühte er sich verstärkt um offizielle Aufträge und schrieb politisch engagierte Musik wie etwa die Massenlieder (op. 66) oder die Kantate zum 20. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution (op. 74), die natürlich im Westen als Machwerke kleinmütiger Anpassung gescholten wurden. In dieser Zeit entstand auch das ‚unpolitische‘ musikalische Märchen Peter und der Wolf im Auftrag einer staatlichen Kulturinstitution, des Zentralen Moskauer Kindertheaters, und wurde dort am 2. Mai 1936 uraufgeführt. Obwohl Prokofjew mit diesem ausdrücklich „für Kinder“ komponierten Stück primär musikpädagogische Ziele verfolgte, war er auch hier bemüht, im Geiste des Sozialismus auf seine jungen Zuhörer einzuwirken, indem er sie zu solidarischem Verhalten und kollektivem Handeln aufforderte. Zugleich zeichnete er die Handlung und die Figuren auch musikalisch im Orchestersatz gestisch-atmosphärisch nach. So konnten die Kinder, sich an den charakterisierenden Leitthemen der Märchenfiguren orientierend, die im Text geschilderten Ereignisse in der Komposition emotional nacherleben. Auf diese unterhaltende Weise machte sie der Komponist nebenbei auch mit dem Instrumentarium des Symphonieorchesters vertraut und schulte das Differenzierungsvermögen ihres Gehörs. Die klare, verständliche, einfache Diktion von Prokofjews sozialistischer Kindermusik hat
Peter und der Wolf bald zu einem der populärsten Kompositionen des 20. Jahrhunderts werden lassen.
Attila Csampai

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.