Symphonie g-Moll

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t1 Konzertführer
Robert Schumann
Symphonie g-Moll

Das Werk spielt in Schumanns Karriere eine wichtige Rolle. Mit dem Gedanken, Symphonien zu schreiben, hatte Schumann seit 1829 verschiedentlich gespielt, doch waren die Pläne nie zur Ausführung gekommen. Erst als sich herausstellte, dass die angestrebte Virtuosenlaufbahn wegen eines irreparablen Schadens an Schumanns rechter Hand nicht möglich war, erhielt der Gedanke ans Symphonienschreiben neues Gewicht. Schumann wollte sich nun als Komponist etablieren und dazu sollte eine große Symphonie den Grundstein legen. Vermutlich erst im Oktober 1832 begonnen, erlebte der erste Satz bereits am 18. November in Zwickau, Schumann Geburtsstadt, die erste, allerdings nicht sehr erfolgreiche Aufführung. Friedrich Wieck, Schumann späterer Schwiegervater, schrieb dazu, das Werk sei „gut gearbeitet und erfunden – aber zu mager instrumentiert“. Schumann, möglicherweise von Wieck angeregt, arbeitete den Satz um, ohne aber der Schwierigkeiten, die er vor allem mit der Instrumentation hatte, Herr zu werden. Auch die überarbeitete Fassung weist zahlreiche Ungeschicklichkeiten und Fehler auf, sodass das Werk ohne Retuschen gar nicht spielbar ist.

Diese Mängel, zu denen auch solche der Satztechnik kommen, dürften der Grund dafür gewesen sein, dass die Aufführung des ersten Satzes am 29. April 1833 im Leipziger Gewandhaus nicht den von Schumann erhofften Erfolg brachte. Am 5. April hatte Schumann geschrieben, er erwarte von seiner Symphonie „ohne Eitelkeit das meiste für die Zukunft“; nach der Leipziger Aufführung gab er die Symphonie auf. Die Karriere als Komponist von Symphonien war von einem Tag auf den anderen zu Ende; stattdessen wurde Schumann Redakteur einer Musikzeitung und beschränkte sich als Komponist auf Jahre hin ganz auf das Klavier. Er kümmerte sich auch später nicht um das Werk, das erst in unserem Jahrhundert wieder ans Licht kam. Überliefert sind mehrere Fassungen, aus denen zu schließen ist, dass die Symphonie vermutlich zunächst vier-, dann dreisätzig sein sollte. Zwei Sätze sind fertig erhalten, ein Anfangs-Allegro, jener Satz, der in Zwickau und Leipzig zur Aufführung kam – er weist Sonatenform auf –, sowie ein langsamer Satz, in den ein ‚Intermezzo quasi Scherzo‘ eingelassen ist. Den Abschluss sollte allem Anschein nach ein Finale mit Fuge über jenes Bassthema bilden, das Schumann im Mai 1833, also in unmittelbarem Anschluss an die Aufgabe der Symphonie, den Impromptus op. 5 zugrunde legte. Das Werk besticht durch seinen Ideenreichtum im Einzelnen und die originelle Konzeption im Großen und weist zugleich unverkennbar Schumann’sche Stileigentümlichkeiten auf: in seinen technischen Mängeln unüberhörbar ein Jugendwerk, im Übrigen aber ein kühner Wurf.
Egon Voss

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.