Eine Faust-Ouvertüre

Zurück
t1 Konzertführer
Richard Wagner
Eine Faust-Ouvertüre

Wagner schrieb dieses Werk 1839/40 in Paris unter dem Eindruck der Uraufführung von Berlioz‘ dramatischer Symphonie Roméo et Juliette. Ursprünglich wollte er eine ganze Faust-Symphonie komponieren, deren zweiter Satz Gretchen zum Gegenstand haben sollte. Es blieb jedoch beim ersten Satz, den Wagner in der Folgezeit mehrfach umarbeitete, bis er 1855 seine definitive, heute geläufige Fassung erhielt. Als erster Satz einer Symphonie zwar geschrieben, trifft die Bezeichnung ‚Ouvertüre‘ die Eigenheit des Stücks doch genauer. Die zugrundeliegende Sonatenform weist derart viele Abweichungen von der Norm auf, dass es zu ihrer Erklärung schon eines programmatischen Hintergrunds bedarf. Anfangs stellte sich Wagner den einsamen Faust vor, „in seinem Sehnen, Verzweifeln und Verfluchen“, wie er selbst schrieb. Gegenstand der Sehnsucht war selbstverständlich Gretchen. 1852 nannte Wagner das Werk dementsprechend Faust in der Einsamkeit. Dem Partiturdruck 1855 stellte er dann die Faust-Verse voran: „Der Gott, der mir im Busen wohnt, / Kann tief mein Innerstes erregen; / Der über allen meinen Kräften thront, / Er kann nach außen nichts bewegen; / Und so ist mir das Dasein eine Last, / Der Tod erwünscht, das Leben mir verhasst!“
Egon Voss

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.