Variations (Aldous Huxley in memoriam)

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t1 Konzertführer
Igor Strawinsky
Variations (Aldous Huxley in memoriam)

Mit diesen Orchestervariationen schuf Strawinsky sein erstes vollständig nach postwebern‘schen seriellen Prinzipien konstruiertes Werk. Er begann mit der Komposition im Juli 1963 in Santa Fe (vor dem Tod des Widmungsträgers Huxley am 22. November) und beendete das Werk am 28. Oktober 1964 in Hollywood.

Die Variationen sind zwölfteilig, bestehen aus einer zwölfteiligen Invention, die in ein regelmäßiges metrisches Korsett 4/8 + 3/8 + 5/8 (= 12/8) eingearbeitet ist. Zu unterscheiden sind vier Formteile mit instrumentalen Zwischenspielen nach jeweils vier dieser rhythmischen Grundeinheiten (das erste für zwölf Soloviolinen, das zweite für zehn Solobratschen und zwei Solokontrabässe, das dritte für zwölf Bläser).
Strawinsky nannte die Variationen „Veränderungen“ im Sinne von Bachs Bezeichnung der Goldberg-Variationen, bis auf die Tatsache, dass er an Stelle eines Themas oder Subjekts eine Reihe verändert habe. „In meinen Variationen stellt das Tempo eine Variable und die Pulsation eine Konstante dar. Die hauptsächliche Neuerung in dem Werk betrifft die Dichte der zwölfteiligen Variationen. Man kann sich diese Konstruktionen als musikalische Mobiles denken, insofern die Muster, die sie bilden, sich bei wiederholtem Anhören perspektivisch ändern.“ Auf Hörhilfen angesprochen, antwortete der Komponist: „Ich wüsste nicht, wie man den Hörer anders an die Musik heranführen sollte, als dadurch, dass er sie sich nicht ein-, sondern mehrere Male anhöre [...] dass er nicht nach Trennungslinien zwischen den einzelnen Variationen suche, sondern vielmehr das Stück als Ganzes auf sich wirken lasse.“ Obwohl bei aller Transparenz der statischen Klangschichtungen von Klangfarbenkomposition im Sinne der Neuen Wiener Schule nicht die Rede sein kann, stellt Strawinsky („bei zweitem Nachdenken“) die Rolle des Orchesters als Hörhilfe deutlich heraus: „Der Kontrast zwischen Instrumentenfamilien und Individuen stellt ein wichtiges Element der Form, vor allem seiner Symmetrien und Spiegelungsmöglichkeiten, dar. Die führenden Solopartien sind den Flöten, Fagotten und Posaunen zugeteilt; vielleicht, dass meine Ökonomie Ungereimtheiten aufweist, indem die Trompeten- und Hornfamilien relativ kurz kommen. Doch ich brauchte nur einen Tupfer Rot und einen Tupfer Blau.“
Die Uraufführung der Variations fand am 17. April 1965 in Chicago zusammen mit Strawinskys Introitus statt. Die Leitung hatte Robert Craft.
Manfred Karallus

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.