Violoncellokonzert Nr. 2 G-dur op. 126 (1966)

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t1 Konzertführer
Dmitri Schostakowitsch
Violoncellokonzert Nr. 2 G-dur op. 126 (1966)

Dieses im Frühjahr 1966 begonnene, am 27. April desselben Jahres in einem Sanatorium in Jalta vollendete, ebenfalls Mstislaw Rostropowitsch gewidmete und von diesem am 25. September uraufgeführte Konzert trägt als Merkmal des Schostakowitschschen Spätstils den Zug zur Konzentration, zur Reduktion auf Wesentliches im Sinne einer Ethik der strengen Ökonomie, des kategorischen Imperativs zur Vermeidung von Überflüssigem. Weit entfernt von Klangrausch und Farbenpracht, von Redundanz und Geschwätzigkeit bewegt sich die Musik auf weite Strecken zweistimmig in strenger kontrapunktischer Logik. Dem Solocello erwächst in der Pauke ein dramatischer Dialogpartner.

In dieser reduzierten Form greift Schostakowitsch mehr und mehr auf Material seiner Jugendkompositionen zurück: Pendelmotive, ostinate Figuren von motorischer Akzentuierung, Läufe und Passagen über gewohnte Melodieumfänge hinaus, eine bestimmte Art der Melodiekonstruktion auf Halbtonbasis (die mit Gegebenheiten der jüdischen Volksmusik übereinkommt) – solche Elemente hatte der Schachspieler Schostakowitsch seit den zwanziger Jahren als Figuren auf seinem Brett stehen und hat mit ihnen immer neue, scharfsinnige Kombinationen erprobt, nur fallen diese zunehmend absurder aus.

Zu den ironischen Komponenten seines Stils gehört eine Melodieharmonik in einer eigenwilligen Synthese von vertrauten tonalen Strukturen in ungewohnten atonalen Zusammenhängen, deren Wirkung theatralisch ist. So ist der Stil dieses Konzerts aufkommenden Illusionen gerade entgegengesetzt, mutwillig und skurril selbst dort, wo die Zauberklänge aus der Palette Rimskij-Korsakowscher Instrumentation bemüht werden. Monumentales gerät zur Farce. Auch dieses Konzert kam in enger Zusammenarbeit mit Rostropowitsch zustande.
Detlef Gojowy

© Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.