Musikgeschichten: 16. Dezember (1828)

Weihnachten bei Schumann: Wild bis spießig

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Malte Hemmerich
Malte Hemmerich
16.12.2016

Es ist kalt und rutschig am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertags im Jahre 1828. Der achtzehnjährige Robert Schumann hat beim Verwandtenbesuch in Zwickau dem Burgunder über die Maßen gefrönt. Es kommt wie es kommen muss: Robert stürzt betrunken in den Straßengraben und verletzt sich am Arm. Am nächsten Tag schreibt er nüchtern und trocken in sein Tagebuch:

»Schmerzender Arm und Toccata«

Robert Schumann
Robert Schumann 1839. (Foto: Wikipedia Commons/takt1)

Szenenwechsel: Eine beschauliche Wohnung in Leipzig im Jahre 1841. Robert ist mittlerweile mit Clara verheiratet. Die Schumanns sind nicht nur eine der historisch ersten Familien im Bürgertum der Gründerzeit, die sich an diesem Abend den neuen Brauch annimmt und einen Weihnachtsbaum aufstellt, nein, sie haben gleich zwei davon! Mit dem kleinen Baum spielt die junge Tochter Marie, der andere steht neben dem gedeckten Gabentisch. Robert hat Clara für Christschmuck sechs Taler Festtagsgeld ausgehändigt, wie er fein säuberlich im Haushaltsbuch notiert. Der Abend verläuft ruhig und gesittet. Ach, wie einen Familienleben doch verändern kann!

Knecht Ruprecht musste die Schumanns wohl nicht besuchen.

Doch es geht immer noch ein bisschen edler. Heiligabend 1851 in Düsseldorf werden im Hause Schumann verschenkt: Eine Goethe-Büste, eine Lampe, Schokolade, Obst, 6 Apfelsinen, Parfum, Seifen, exotische Früchte, Blechspielzeug für die Kinder. Wiederum akribisch abgezeichnet im Haushaltsbuch. Aber auch persönliche Geschenke sind dabei, ganz nach dem Motto selbstgemacht ist am Schönsten: Robert schenkt seiner Frau eine Partitur seiner eigenen Ouvertüre zu Goethes Hermann und Dorothea, sie ihm dafür eine vom Fidelio. Auch einen Bericht über ein undatiertes Weihnachtsessen der Musikerfamilie gibt es. Nichts mit Kartoffelsalat und Würstchen! Stattdessen tischt die Köchin Suppe vom Pflaumenmus, Kopf vom zahmen Schwein, Auflauf von Äpfeln und gebratene Gans auf.

Eigent sich auch hervorragend als Geschenk: Schumanns Ouvertüre.

Und, wer kennt sie nicht: auch ungeliebte Gaben gibt es zwischen Robert und Clara. Zwei Jahre später schenkt Clara ihrem Mann ein Gemälde, auf dem der berühmte Maler Carl Ferdinand Sohn sie verewigte. Roberts Reaktion: Das Bild sei „ungewohnt“. ¶

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