Vielleicht hat Johann Strauß der Ältere genau gewusst, was er da fabriziert. Dreimal Anapäst und einmal Jambus: Perfekt war der marschierende Ohrwurm. Uraufgeführt wurde das Werk am 31. August 1848 in Wien.
Womit hatte Feldmarschall Josef Wenzel Graf Radetzky von Radetz diese Musikzueignung überhaupt verdient? Natürlich, die martialische Musik lässt es vermuten, mit einem blutigen Schlachtensieg. Der Italienische Unabhängigkeitskrieg tobte in dieser Zeit, Österreich kämpfte gegen Sardinien. In der Schlacht von Custozza besiegte am 25. Juli 1848 das österreichische Heer unter Graf Radetzky die Gegner. Strauss nahm das zum Anlass, einen Triumphmarsch zu konzipieren, mehr noch, als die siegreichen Soldaten durch Wien zogen, soll er eines ihrer Soldatenlieder zum Mittelteil seines Marsches gemacht haben.
Neujahrskonzert 2014: Barenboim dirigiert natürlich auch den Radetzky-Marsch.
Für die Italiener also kein Siegeslied, sondern “Hymne der Henker”, und Joseph Roth schreibt in seinem gleichnamigen Roman über das Kaiserreich:
»Am besten starb man für ihn (den Kaiser) bei Militärmusik, am leichtesten beim Radetzkymarsch.«
Was heute, neben unzähligen Bearbeitungen, im Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker mit seinem Marsch passiert, kann man Strauss aber nicht mehr ankreiden. Für Manche wohl Tradition, für Andere einer der peinlichsten Momente im klassischen Konzert überhaupt, wenn nämlich Hunderte in gleichförmiges, willenloses Händeklatschen ausbrechen und so die brachiale Musik begleiten, bevor sie auch noch in den Mittelteil klatschen und so ihre Unmusikalität unter Beweis stellen. Dirigenten wie Carlos Kleiber versuchten das in Grund und Boden-Klatschen zu verhindern, ohne Erfolg.
Für den großen Feldherrn: Der Radetzky-Marsch.
(Foto: Public Domain)Was viele im Saal dann sicher nicht wissen: Die Original-Version vom Komponisten wird fast nie mehr gespielt. Stattdessen hört man den Marsch heut meist in der Version des NSDAP-Funktionärs Leopold Weniger, der den Orchestersatz verstärkt hat. Vielleicht um den martialischen Charakter des Stückes zu stärken, vielleicht aber auch, damit die Musik nicht vollends im lustigen Traditionsklatschen untergeht. ¶