Musikgeschichten: 22. September (1869)

Auweiala – König Ludwig ordnet „Rheingold“-Uraufführung an

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Holger Noltze
Holger Noltze
22.09.2018

Wer zahlt, schafft an. Aber dass der junge bayerische König Ludwig, rein rechtlich unabweisbar im Besitz des ungeheuerlichsten Opernprojekts seines angebeteten Richard Wagner, noch vor Vollendung des doch auf vier Teile angelegten Ring des Nibelungen eine königliche Preview der ersten Teile anordnete – das ging dem Gesamtkunstwerker entschieden zu weit. Aber Ludwig stellte sich stur und ließ die Majestät raushängen.

»Verbrecherisch und schamlos ist das Gebaren von ‚Wagner’ und dem Theatergesindel; es ist dies eine Revolte gegen Meine Befehle, und dieses kann ich nicht dulden.«

„Meine“: groß, ‚Wagner’ nur noch in Anführungsstrichen – der Zank um das erste Rheingold war eskaliert, nachdem der Dirigent Hans Richter, von Wagner aus dem fernen „Asyl“ Tribschen, angestachelt, gewagt hatte, dem königlichen Wagnerianer kurz vor der Hauptprobe ein Ultimatum zu stellen und seine Demission androhte. Die wurde überraschend angenommen, es fand sich nach kurzer Suche der rheinische Kollege Franz Wüllner als Einspringer. Wagner raste: „Hand weg von meiner Partitur! Das rat’ ich Ihnen, Herr; sonst soll Sie der Teufel holen!“

Franz Wullner

Wüllner wagte es.

(Foto: Public Domain)

Es half alles nicht. Wüllner dirigierte, am 22. September 1869, das erste Rheingold und im Jahr darauf die erste Walküre, der Teufel holte ihn nicht. Das erste Bühnenlallen seiner Rheintöcher: „Weia! Waga! Woge du Welle! Wallala weiala weia!“ hörte er nicht, fern grummelnd am Vierwaldstätter See.

Die Vor-Aufführung des Vor-Abends soll nicht ganz schlecht gewesen sein. Aber für Wagnerianer zählt das nicht. Hier gilt nur der Ring komplett, uraufgeführt bei den ersten Festspielen in Bayreuth, 1876, Epoche machend. Finanziert auch von Ludwig. Man hatte sich vertragen, die Sache wollte es. ¶

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