Georg Friedrich Händel war ein Star. Er komponierte hochdotierte Werke für den König und Opern über Opern. Er war zu Lebzeiten eine wichtige Person des Londoner Kulturlebens – und so berichtete die englische Presse über ihn auch öfter mal Privates wie etwa am 30. Januar 1753. Da schrieben die London News, Händel sei nun komplett erblindet.
Händel ergab sich seinem Schicksal: Seine Werke diktierte er fortan einem Mitarbeiter, aber das Orgelspielen wollte er nicht aufgeben.
Händel 1741 noch ohne Augenleiden.
(Foto: Public Domain)Der Kampf gegen die Krankheit war verloren und hatte schon Jahre zuvor begonnen. Ab 1750 hatte der Komponist Probleme mit seinen Augen, 1751 behandelte ein erster Arzt seinen linken Augapfel. Doch die Erblindung schritt voran. So kam Händel zu der schicksalsschweren Entscheidung den Wunderheiler John Taylor zu konsultieren. Der reiste in einem Wagen durchs Land und hatte erst ein paar Jahre zuvor versucht, den Grauen Star eines anderen großen Komponisten zu heilen. Johann Sebastian Bach starb nur wenige Monate nach Taylors Behandlung ohne sich je ganz erholt zu haben.
Der Quacksalber schrieb in seinen Memoiren trotzdem von einem Erfolg, den er nun bei Händel zu wiederholen gedachte:
»Ich glaubte, mit ihm den gleichen Erfolg zu haben, da alle Umstände günstig schienen, wie Bewegung der Pupille, Licht etc., aber beim Aufziehen des Vorhangs fanden wir den Augengrund zerstört durch eine paralytische Erkrankung.«
Taylors Technik war eine Mischung aus seinem eigenen System des “Coaching” und dem weit verbreiteten Star-Stich. Für unsere heutigen Ohren klingt der Eingriff ohne Betäubung allerdings wie üble mittelalterliche Folter. Der Patient wurde festgehalten, während Taylor die Augenlinse mit einer spitzen Nadel tief in den Glaskörper des Augapfels hineindrückte. Natürlich ohne zu Desinfizieren. Kollegen berichten, dass hunderte Patienten durch allerlei Komplikationen schneller und vollständig erblindeten.
Eine Abbildung des Star-Stichs.
(Foto: Public Domain)Auch Händel traf dieses Schicksal. Anders als sein Kollege Bach überlebte er noch weitere fünf Jahre nach der Operation, aber komponierte weitaus weniger, und auch keine bedeutenden Werke mehr. ¶