Es existiert kein Instrument, das sich der menschlichen Stimme vergleichen ließe, fand schon William Byrd. Ob uns ein Gesang anspricht oder nicht, ist meist schnell klar; aber schwer zu sagen, warum. Jürgen Kesting, takt1-Kolumnist und einer der international führenden Experten der Gesangskunst, führt hier in diesen „Flaschenposten“ in das kleine und große Einmaleins des Kunstgesangs ein. In loser Folge geht es ums Wesentliche: um technische Themen, um zentrale Werke, vor allem aber um große Sängerinnen und Sänger. Ihre Aufnahmen, nicht wenige mehr als hundert Jahre alt, sind Flaschenpost einer vergangenen Zeit, nicht selten lehrreich fürs Heute.
Zu den besten Freunden von Amelita Galli-Curci (an die in der letzten Flaschenpost erinnert wurde) gehörte der Tenor Tito Schipa (1889-1965). Auch er war, was das Volumen der Stimme angeht, ein Leichtgewicht – nach italienischer Terminologie ein tenore di grazia. Eine Stimme dieses Typus hat nicht die Durchschlagskraft eines sogenannten Spinto oder eines jugendlichen Heldentenors, wohl aber Tragkraft. Wie Amelita Galli-Curci verstand sich Schipa darauf, seine Stimme...