Auf den nächsten Samstag Abend freue ich mich: Das famose Schumann Quartett und der als Klarinettist wie Komponist sowieso einzigartige Jörg Widmann spielen im Kaisersaal der Würzburger Residenz, ein fein balanciertes Programm, das Mozarts und Widmanns Jagd-Quartette gegenüberstellt; danach, mit Widmann als Solist, ein gemeinsamer Flug in die Sphären reiner Schönheit mit Mozarts Klarinettenquintett A-Dur. takt1 überträgt live, ich freue mich auf Momente verdichteter Gegenwart. Zugleich, mit Blick auf die Säulenpracht und die Tiepolo-Fresken des Kaisersaals, könnte man sich erinnern, wie vor hundert Jahren der Komponist, Dirigent, Pianist und Bayerische Staatskonservatoriumsdirektor Hermann Zilcher hier Mozartmusik dirigierte und ihm schien, dass er »die entzückenden Ornamente, die wundervollen Linien der Architektur im Kaisersaal mit dem Taktstock nur nachzuzeichnen brauchte: Musik und Raum wurden eins« und er die fast schon mystische Erfahrung einer »innige[n] Vermählung zwischen Ton, Architektur und Farbe« machte. Im Jahr 1922 fand dann die erste Würzburger Mozartwoche statt, es begann die Geschichte des Mozartfests, und es wurde eine gute Geschichte.
Ein prunkvoller Rahmen: Die Residenz Würzburg.
(Foto: Dita Vollmond)Vielleicht war es für das Mozartfest kein Nachteil, dass Würzburg bei Mozart biographisch eigentlich keine Rolle spielt; bis auf eine Durchreise-Notiz aus dem Jahr 1790, die immerhin die »schöne, prächtige Stadt“ lobt, gibt es hier wenig zu feiern. Würzburg bietet keine lokale Mozartfolklore, dafür einen Ort reflektierter Mozartpraxis als Fest. Bald griff es in den Park über, und die Ohren öffneten sich auch für Musik jenseits des Köchelverzeichnisses. »Unser Zeitgenosse Mozart« hieß der Festvortrag zum 50. Jubiläum, 1971. Von hier führt eine Linie ins Heute. Mozart unter Tiepolos Himmeln, das ist die Verbindung einer immer erneuerten Erfahrung von Schönheit mit gut gestellten Fragen. Kein Fest durchreisender Stars, sondern ein Labor, seit 2014 geprägt von der nicht nur mozartverrückten, sondern insistierend neugierigen Intendantin Evelyn Meining; auch von Inspiratoren wie dem mozartverrückten Jörg Widmann, dem ersten Artiste étoile dieses besonderen Festivals der Weltkultur-Gegenwart, das dieses Jahr sein 100. Jubiläum feiert.
Sphären der reinen Schönheit: Mozarts Klarinettenquintett A-Dur mit Jörg Widmann.
Mozart als Zeitgenosse, das ist es. Und mit dem Schwung der B-Dur „Horn“-Fanfaren am Anfang des Jagdquartetts raus aus dem Lockdown-Blues, herrlich. ¶