THE SOCIETY OF MUSIC: 17. Mai 2023

Königliche Pracht

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Charlotte Gardner
Charlotte Gardner
17.05.2023

Wer in den letzten Monaten auch nur halbwegs ein Auge auf die Musikszene Großbritanniens geworfen hat, wird wissen, dass es hier in vielerlei Hinsicht Interessantes zu beobachten gab – nur manchmal auch auf falschem Wege. Angefangen vom Arts Council England, der mal eben die finanzielle Förderung der English National Opera gestrichen hat, bis hin zum Versuch der BBC, mit der Zerschlagung der BBC Singers sowie der Kürzung der Etats für die britischen Rundfunkorchester Gelder einzusparen. Eine willkommene Abwechslung also, in den letzten Wochen auch mal ein paar Dinge feiern zu können.

Gerade erst wurde König Charles III. in einer beeindruckend traditionsreichen Zeremonie gekrönt, bei der Musik eine Schlüsselrolle spielte. Ein Großteil der Musik wurde eigens für diesen Anlass komponiert. Nie zuvor gab es eine bessere Werbung für das britische Chor-und Orchesterleben als in dem ergreifenden Moment, zu dem sich die versammelten Chöre unter der Leitung des Organisten und Master of the Choristers der Westminster Abbey, Andrew Nethsingha, das Krönungsorchester unter der Leitung von Sir Antonio Pappano, die State Trumpeters der Household Cavalry und die Fanfare Trumpeters der Royal Air Force vereinten – gefolgt von über siebentausend Soldaten, die eine gut zweieinhalb Kilometer lange Route durch London marschierten, begleitet von zwanzig Militärkapellen, die trotz ihrer Verteilung unter den marschierenden Soldaten im perfekten Einklang spielten. Die New York Times kommentierte: „Die Krönung bot Spektakel und Schönheit, verbunden mit Präzision und Ernsthaftigkeit.“

Saint Edwards Crown

Die britische Saint Edwards Crown.

(Foto: Public Domain)

Nun schreibe ich diese Zeilen am Morgen nach dem Konzert zum 100-jährigen Bestehen des Gramophone-Magazins in der Wigmore Hall. Abgesehen von erstklassiger Musik von einigen der besten britischen und internationalen Künstlerinnen und Künstler (einschließlich des Countertenors Iestyn Davies, der Sopranistin Carolyn Sampson, des Gitarristen Sean Shibe, der Geigerin Alina Ibragimova und der Pianisten Jean-Efflam Bavouzet und Bertrand Chamayou) bot dieses Ereignis auch die Gelegenheit, auf die Geschichte des Magazins zurückzublicken. Ein wirklich bemerkenswertes Kapitel besteht darin, dass Gramophone nie eine Ausgabe verpasst hat, auch nicht während des Zweiten Weltkriegs. Der heutige Chefredakteur James Jolly sprach in bewegenden Worten über die Korrespondenz während des Krieges, davon, wie das Magazin eine Art der Gemeinschaft um sich herum aufbaute und der Leserschaft unter den Soldaten helfen konnte, die Schrecken der Zeit zu überstehen. In einem Dankesbrief eines Soldaten vom Oktober 1941 heißt es: “Einige von uns erinnern sich noch an die Erhabenheit von Beethoven, als die Bomben auf uns herunter donnerten. Die emotionale Tiefe dieser Musik hat unsere Angst überwältigt.“ Und natürlich können wir jetzt eine globale Pandemie zu den Weltereignissen hinzufügen, durch die das Gramophone-Magazin seinen ununterbrochenen Weg gegangen ist.

All dies lässt jedoch nicht auf magische Weise das Damoklesschwert verschwinden, das derzeit über die klassische Musik in Großbritannien schwebt. Wie Sir Simon Rattle vergangenen Monat so treffend sagte: “Wenn die beiden größten Unterstützer klassischer Musik in diesem Land auf diese Weise unserer Kunstform ihren Atem nehmen, bedeutet das, dass die Richtung, in die wir uns bewegen, zutiefst beunruhigend ist.” Dennoch sind diese beiden Ereignisse zumindest eine wichtige Erinnerung an das atemberaubende Niveau und die leidenschaftliche Widerstandsfähigkeit der klassischen Musikszene dieses Landes und daran, dass es sich lohnt, mit allen Mitteln für ihre Zukunft zu kämpfen. ¶

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