THE SOCIETY OF MUSIC: 26. August 2020

»Notes of a Dirty Old Man«

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Benedikt Stampa
Benedikt Stampa
26.08.2020

Charles Bukowski war einer der meistgelesenen Autoren des 20. Jahrhunderts. Mit seinen zumeist autobiographischen Essays, Gedichten und Romanen wie Notes of a Dirty Old Man oder dem Roman Post Office wurde er in den siebziger und frühen achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts zum Kultautor einer ganzen Generation unangepasster und sich selbst gern als trunksüchtig bezeichnender „Gesellschaftsrebellen“.

Charles Bukowski wurde vor fast genau hundert Jahren in Deutschland geboren, kam aber in jungen Jahren in die USA und wuchs in sehr bescheidenen bis armen Verhältnissen auf. Sein bewegtes, immer am Rande der Existenz dahinsegelndes Leben und sein literarischer Stil verschmolzen zu einer einzigartig schillernden autobiographischen Nabelschau. Mit kurzen, knappen, in der Sache brutalen bis obszönen Sätzen, schilderte er sein Leben als unangepasster und am Rande des "American Dream" stehender Looser, dessen Glückskurve stets nach unten zeigte.

Charles Bukowski 916

Ein Verlierer, abseits des American Dream.

(Foto: Public Domain)

Neben Charles Bukowski wirkten James Dean, Ernest Hemingway oder Elvis Presley wie zahme Internatszöglinge. Er war der antibürgerliche Paria schlechthin. Natürlich pflegte er sein Image meisterhaft, vieles war auch Show. Mit seinen zum Teil (stets inszenierten) skandalösen Auftritten verkörperte Charles Bukowski alles, was die belesene und der klassischen Kultur zugeneigten Bourgeoisie ablehnte. Seine Werke fanden trotz ihrer hohen literarischen Qualität und poetischer Kraft nie den Eingang in die wohlsortierten Bücherregale der besorgten Mittelschicht. Charles Bukowski war ein Außenseiter, ein dirty old man, dessen Bücher mehr oder weniger heimlich in verrauchten Studentenbuden kreisten. Er war "in den USA vielleicht nicht (der) berühmteste, doch in den Buchläden meistgeklaute Autor." (Zit. nach: Gundolf S. Freymuth in: Der Spiegel 3/2006)

Wahrscheinlich hätte keine standesbewusste Lady im Amerika der sechziger Jahre gerne neben ihm beim Tee, geschweige denn im Konzert gesessen. "So einer wie der kann doch nur einen schlechten Musikgeschmack haben", mögen die Damen gedacht haben: Schubert und Beethoven würden sich angewidert wegdrehen, wüssten sie, dass ein solcher Trunkenbold und Angehöriger der Unterschicht, der sich als Künstler tarnt, dieser erhabenen Musik lauscht.

Und doch, Charles Bukwoski war ein ausgewiesener Liebhaber klassischer Musik. In einem seiner berühmtesten Gedichte Klassische Musik und ich beschreibt er in seinem gewohnt prosaischen Stil, der hier aber durchsetzt ist mit zarten und absolut  treffenden Beschreibungen berühmter Komponisten, seine Neigung für die Klassiker. Eine absolute Liebeserklärung.

"Ich war ziemlich arm, aber mein meistes Geld ging für Wein drauf und klassische Musik.
Ich liebte es beide zu mixen", ist eine Zeile aus dem Gedicht.

Charles Bukowski der Bürgerschreck frönte dem Musikgeschmack der "Elite". Eine schöne, verrauchte Pointe. Gut so. ¶

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