Musikgeschichten: 18. September (1587)

Die erste Opernkomponistin: Francesca Caccini

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Georg Holzer
Georg Holzer
18.09.2018

La Cecchina hat man sie genannt, der niedliche toskanische Name für einen Singvogel. Als Singvögelchen ist Francesca Caccini berühmt geworden und wurde gemeinsam mit dem kleinen Familienensemble an Europas Höfen herumgereicht. Aber singen reichte ihr nicht, sie wollte höher hinaus.
Die Musik lag in der Familie: Vater Giulio Caccini war einer der Pioniere der jungen Kunstform Oper und Mitarbeiter wie Konkurrent des ersten Opernkomponisten Iacopo Peri. Seine Tochter ließ er Gesang, Laute, Cembalo und Musiktheorie lernen; dazu hatte sie literarische Ambitionen und schrieb Gedichte auf Latein und in der toskanischen Volkssprache.

In Florenz war sie am 18. September 1587 zur Welt gekommen, lebenslang blieb die Stadt das Zentrum ihres Schaffens. Schon früh nutzte der Vater ihre Fähigkeiten als Sängerin, um den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten. Francesca, ihre Schwester Settima und ihre Stiefmutter Margherita waren Le donne di Caccini, eine Art Girl-Group des Frühbarocks. Ihr spektakulärster Ausflug führte sie 1604 auf Einladung des französischen Königs Henri IV und seiner Frau Maria de’ Medici nach Paris. Dort war man von der Florentiner Familien-Band so begeistert, dass man sie gar nicht mehr gehen lassen wollte. Die Caccini wären wahrscheinlich auch gerne geblieben, aber der Großherzog von Florenz bestand auf ihrer Rückkehr.

So endet Caccinis Ruggiero, ihr berühmtestes Werk.

Für Francesca war das wohl letztlich eine gute Entscheidung. In Florenz schätzte man sie und gewährte ihr eine feste Anstellung am Hof der Medici. Das verschaffte ihr die materielle Unabhängigkeit, um ihrer großen Leidenschaft nachzugehen, der Komposition. Die Liste der von ihr komponierten Werke ist nicht sehr lang, aber beachtlich. Wie bei allen Komponisten ihrer Zeit sind die meisten davon nicht überliefert: Sie wurden nur zum Zweck der Aufführung im Theater notiert. Bekannt sind nur die Titel und die Librettisten. Der Dichter, mit dem sie am häufigsten zusammenarbeitete, hieß Michelangelo Buonarroti, leider nicht der berühmte Bildhauer und Dichter, sondern dessen gleichnamiger, nicht ganz so begabter Großneffe.

Florenz im 16. Jahrhundert image gallery

Florenz um 1600.

(Foto: Public Domain)

Ein einziges Werk hat die Zeit überdauert, weil es nach der Aufführung in Florenz gedruckt wurde: die Ballett-Oper La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina (Die Befreiung Ruggieros von Alcinas Insel) aus dem Jahr 1625. Das Ballett führte man vermutlich mit Pferden auf, was in Florenz damals sehr in Mode war. Das Thema der Oper stammt aus Ariosts Rasendem Roland und erzählt eine wilde Geschichte von Alcinas Zauberinsel, auf der sogar Pflanzen Arien singen können. Die Weiterentwicklung der Trennung von Rezitativ und Arie ist eine der größten musikhistorischen Leistungen von Francesca Caccini.

Am Florentiner Hof galt sie als schwierig, aber das könnte auch die Meinung von Männern sein, die mit einer selbstbewussten komponierenden Frau nicht umgehen konnten. Francesca Caccini heiratete zweimal, hatte eine Tochter, wirkte ein paar Jahre im nahen Lucca und kehrte schließlich nach Florenz zurück. Dort starb sie, doch wir wissen nicht wann. Für die Werke, die sie uns hinterlassen hat, haben sich Musikwissenschaftler mehr interessiert als Theaterleute, ihre Oper kommt nur selten auf die Bühne. Sie bleibt als Beweis dafür, dass eine Frau im 17. Jahrhundert eine große Karriere als Komponistin machen konnte. ¶

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