Bereits im Jahr 2015 beschäftigte sich das Pianisten-Ehepaar Alessandra Ammara und Roberto Prosseda mit Mendelssohns Kammermusikwerken für zwei Klaviere. Nun folgt eine Aufnahme der beiden großen Konzerte für zwei Klaviere. Diese Werke werden selten aufgeführt – diese Aufnahme zeigt, dass es sich lohnt. Mendelssohn schreibt für beide Klavierparts virtuos, leidenschaftlich, dramatisch. Ammara und Prosseda spielen hier wirklich wie aus einem Guss, ihr Ton schmiegt sich eng aneinander an. Spannend ist das Klangbild der Flügel: Silbrig, leichtläufig und dennoch kraftvoll klingen die Instrumente. Mit Jan Willem de Vriend steht den Solisten ein exzellenter Dirigent zur Seite, der sich tief in Mendelssohns Musiksprache gräbt, ohne dabei zu überromantisieren. Er leitet das Residentie Orkest Den Haag schlank und mit Energie, teilt in den richtigen Momenten aus und nimmt den Klang angenehm zurück, um die Farben der Klavierparts leuchten zu lassen.
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In den Jahren 1823 und 1824 schrieb Mendelssohn die ersten konzertanten Werke mit Begleitung des vollen, klassisch besetzten Orchesters. Die Handhabung der überkommenen Form ist hier bereits eleganter als in den drei vorhergehenden Konzerten. Die Instrumentation lässt Einflüsse Mozarts, Spohrs und Webers erkennen, vor allem in der delikaten Behandlung der Bläser. Der Klavierstil ist – neben Hummel und Moscheles – deutlich dem Clementi-Schüler John Field verpflichtet, auch die Wahl der damals in der Orchesterliteratur noch seltenen Tonart As-dur des zweiten Werkes (analog zu Fields zweitem Konzert). Auch ein gewisser Hang zur Weitschweifigkeit, Freude am Ornamentalen sowie das weitgehende Dominieren der Solisten weisen auf Field. Bereits hier ist aber auch die für Mendelssohns konzertanten Stil so charakteristische Eleganz ausgeprägt.
Hartmut Becker