Darf man Bachs Wohltemperiertes Klavier emotional betrachten? Jede Antwort wäre, wie die Frage selbst, verkürzt. Doch findet sich im Gros der unzähligen, auch Referenz-Aufnahmen dieses zentralen Klavierwerks, eine neue Stimme: Aaron Pilsan. Der junge Österreicher nimmt Bach ernst, betrachtet ihn intellektuell, möchte Architektur und Struktur jeder dieser Miniaturen detailliert zu Gehör bringen. Doch dabei ist keinesfalls ein maschinelles, seelenloses Abspulen der Noten herausgekommen: Aaron Pilsan schafft eine Brücke zwischen manchmal zu historisch informierter Aufführungspraxis und emotional-romantisierter Gefühlsduselei. Technisch leicht, durchscheinend und fast pastellfarbend ist sein Anschlag, jede Stimme fein herausgearbeitet und logisch artikuliert, man meint hier einem kultivierten und angeregten Dialog zu lauschen. Gleichzeitig erlaubt sich Pilsan gestalterische Freiheit in Artikulation und Tempo, die Hörer:innen durch die oftmals komplexe Struktur trägt. Eine erstaunlich konzentrierte Trance.
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